Die Situation in den lokalen Medien – und was bringen Milliarden-Subventionen an gutbetuchte Verleger?
Wie geht es der Schweizer Demokratie, wenn es kaum mehr lokale Medien gibt? Ist die vom Parlament im März 2025 beschlossene Subventions-Erhöhung an arrivierte Medien in der Höhe von 35 Millionen Franken richtig? Und sind die in der kommenden Sommersession 2025 geplanten weiteren 35 Subventions-Millionen an die privaten Radio- und TV-Stationen nötig? Was bringt es, wenn die heutig marktbeherrschenden Verlage in den nächsten sieben Jahren mit 1.5 Milliarden Franken subventioniert werden?
Wenn es künftig lokal noch freie Medien geben soll, werden es Online-Medien sein. Die Menschen sind im Internet, und Online-Medien sind kostengünstiger zu produzieren als Printmedien, die am Aussterben sind. Das sind die unumstösslichen Fakten, auf die sich eine kluge Schweizer Medienförderung ausrichten müsste. Jedoch: Es werden nur die heutigen Monopol-Medien mit Steuergeldern beschenkt. Das ist zum Schaden einer vielfältigen Schweizer Medienlandschaft, wie folgend dargelegt wird.
Mediensituation im Lokalen
Für die Schweizer Basisdemokratie ist es unabdingbar, dass die Bürgerinnen und Bürger an ihrem Wohnort über Politik und Verwaltung informiert werden. Gibt es lokal keine freien Medien mehr, oder nur noch Gemeindeblätter, fühlt sich die Bevölkerung manipuliert und das Misstrauen gegenüber den Behörden weiter steigt.
Niedergang der Lokalinformation
Im nationalen Markt gibt es Medienvielfalt. Medien und Verlage wie Tages-Anzeiger, NZZ, Blick, CH Media, SRF und Internetportale wie Nau.ch oder 20Minuten gewährleisten die nationale und internationale Berichterstattung.
Der epochale Medienrückzug in den vergangenen Jahrzehnten geschah nicht national, sondern im Lokalen. Hier rissen Medienaufkäufe, Zusammenschlüsse und Redaktionsabbau grosse Lücken auf. In vielen Orten gibt es keine freien Medien mehr, oder wenn, meist nur eine einem Grossverlag angehörende (Monopol)Zeitung mit schmaler Abdeckung, die über das Geschehen vor Ort nur minimal berichtet.
Genauso wenig bringen die privaten Lokalradios und -TV-Stationen, die in ihren riesigen Sendegebieten mit Kleinstabdeckung wenig zum lokalen Diskurs beitragen. Trotzdem werden sie von der Politik mit jährlich 76 Millionen Franken beschenkt. Und in der kommenden Sommersession will das Parlament sie mit jährlich weiteren 26 Millionen beglücken. Wobei niemand weiss, wieso.
Medienrückzug geht weiter
Dies alles geschieht alles, obwohl der Medienrückzug weitergeht: Tamedia degradiert mehrere Deutschschweizer und welsche Zeitungen wie den Landboten, die Zürichsee-Zeitung oder das Thuner Tagblatt zu Kopfblättern ihrer Lead-Zeitungen. Genauso rabiat schlug CH Media zu und stellte im Herbst 2024 ihre sechs Online-Portale «Today» von einem Tag auf den andern ein.
Es ist unverständlich, dass die Politiker genau diesen Verlagen noch mehr Subventionen zuschaufeln wollen. Wohl nur, weil sie sich deren Gunst erkaufen möchten.
Online nötig, aber defizitär
Wenn überhaupt, wird es im Lokalbereich künftig nur noch Online-Medien geben, denn sie sind kostengünstig zu produzieren. Nur: Trotz tiefer Kosten und trotz oft sehr hoher Leserschaft arbeiten praktisch alle lokalen Online-Medien defizitär. Sie überleben meist nur dank Zuwendungen, Stiftungen, Quersubventionierung oder Frondienst.
Die Produktionskosten eines lokalen Online-Mediums betragen nur etwa zwei Prozent einer gedruckten Lokalzeitung. Leider aber sind auch die Einnahmen gering. Dies, erstens, weil ein lokales Online-Medium platzbedingt eine Werbekapazität von nur rund 300'000 Franken pro Jahr hat. Zweitens: weil die Werbepreise im Internet am Boden sind. Drittens: weil Grossinserenten in lokalen Medien kaum mehr werben. Und viertens: lokal sind praktisch keine Abonnements zu gewinnen.
Google & Co diktieren
Profiteure dieser Neuorientierung der Werbung sind Tech-Riesen wie Google oder Meta, sowie die nationalen Angebotsportale wie Jobs.ch usw. Sie alle saugen aus dem Schweizer Werbemarkt pro Jahr über zwei Milliarden Franken ab. Dabei generieren sie ihre Inhalte fast kostenlos durch Maschinen, KI oder Kunden-Einträge. Damit können sie die abgrundtiefen Werbepreise im Internet diktieren, gegen die sich lokale Medien praktisch nicht durchsetzen können.
210 Millionen Franken an arrivierte Verleger
Trotzdem reagieret die Politik nicht auf diese Probleme. Strategielos schaufeln sie den arrivierten Verlegern, die heute schon jährlich 140 Millionen Subventionen erhalten, nochmals zusätzliche 70 Millionen Steuergelder zu. Und dies in einer Zeit, in der der Bund sparen muss. Konkret geschieht Folgendes:
- Das Parlament hat in der Frühlingssession 2025 die Subventionen zur Zeitungsverteilung von heute 30 auf 40 Millionen Franken erhöht (+10 Millionen) und stützt die Zeitungs-Frühzustellung neu mit 25 Millionen Franken (+25 Millionen).
- Im Sommer steht im Parlament zur Diskussion, die Subventionen an private Radio- und TV-Sender von heute 86 auf 112 Millionen aufzustocken (+26 Millionen).
- Die Organisationen der Verlagsbranche wollen die Politikerinnen und Politiker von heute 4 Millionen um 9 Millionen auf 13 Millionen erhöhen (+ 9 Millionen)
- Zudem wird die Stiftungs- und Mitgliedschaftspresse, was eigentlich hätte abgeschafft werden müssen, weiterhin mit 20 Millionen subventioniert.
Alles in allem werden die Verleger, beschenkt sie das Parlament im Sommer noch mit weiteren 35 Millionen, jährlich mit 210 Millionen Franken subventioniert. Auf sieben Jahre hochgerechnet macht das 1.5 Milliarden Franken. Auf Kosten der Schweizer Steuerzahler.
Fragen an die Parlamentarier
Wie argumentieren die Schweizer Parlamentarier, dass gedruckte Zeitungen und private Radio- und TV-Sender derart massiv subventioniert werden, obwohl dies der Medienvielfalt bisher nichts gebracht hat – und auch künftig nichts bringt?
Und: Können es die Schweizer National- und Ständeräte verantworten, dass die zukunftsgerichteten elektronischen Medien, die sich an jüngere Generationen richten und von über 70 Prozent der Bevölkerung zur Informationsbeschaffung genutzt werden, gezielt ausgelassen werden?
Bruno Hug